Ich werde oft von Tanzpädagogen gefragt, welche Wettbewerbe ich empfehle. Die Antwort darauf lautet immer anders, denn nicht jeder Wettbewerb passt für jeden gleich.

Es ist immer ein Unterschied, ob ich einen Wettbewerb als Juror, als Tänzer, als Trainer oder als Zuschauer erlebe.
Zunächst muss ein Wettbewerb natürlich in erster Linie zum Level meiner Tänzer, zum Tanzstil und zum Stil meiner Choreografien passen. Deshalb ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, dass jeder Wertbewerbs-Veranstalter detaillierte Beschreibungen formuliert, wie er die verschiedenen Klassen und Stile einteilt. Als Teilnehmer bzw. anmeldender Lehrer sollte ich diese Klassifizierung genau studieren und im Zweifel nachfragen. Wenn ich mir unsicher bin und auf Nummer sicher gehen will besuche ich einen Wettbewerb erst einmal als Zuschauer bevor ich meine Schüler dorthin sende. Ich möchte wissen, wie das Level dort ist, was dort gefordert wird und ob wir dort hinpassen. Gefällt es mir überhaupt wenn zum Beispiel ein Wettbewerb sehr stark auf Tricks und Akrobatik Elemente fokussiert ist und dies nicht mein Stil ist? Möchte und schaffe ich es, mit meinem Stil etwas dagegen zu setzen, haben meine Schüler das Können und die Stärke, sich dagegen zu behaupten oder muss ich meinen Stil aufgeben und etwas zeigen, was ich nicht mag, um auf einem Turnier mithalten zu können?
Als Beispiel möchte ich hier einmal den Bereich Showtanz nehmen.
Bei manchen Turnieren werden im Showtanz viele Kulissen und Requisiten aufgebaut und genutzt, bei anderen Wettbewerben ist das gar nicht gerne gesehen. Manche Turniere wollen im Showtanz mehr Showmanship, mehr Show sehen, während andere Wettbewerbe viel Technik erwarten. Manche Showtanz Turniere bevorzugen Stilistik aus dem karnevalistischen Tanz und Gardetanzsport, manche nutzen Jazz- und Musical Theater Techniken. Manche Turniere packen die Showtänze in die Kategorie Open und dort sind auch Stilistiken aus Commercial oder Urban erlaubt. Bei Ballettwettbewerben wirken die Showtänze meist nochmals ganz anders.
Ein anderes Beispiel ist die Kategorie Musical Theater, manche Turniere erwarten beim Musical Theater das Mimen und Lipsync des Songs, manche Turniere nicht. Ich habe es auch erlebt, dass eine Choreografie, die sehr nah an der Original Musical Produktion war auf einigen Turnieren deshalb gewonnen hat auf anderen eben deshalb nicht, da man es als Plagiat sah. (Ich werde dem Thema Musical Theater demnächst einen eigenen Beitrag widmen.)
Eine gute Möglichkeit, sich über die Besonderheiten eines Turnieres zu informieren bietet auch youtube und andere Plattformen. Sind dort Videos der Sieger oder anderer Teilnehmer zu sehen? Vielleicht gibt es auch Listen der Teilnehmer im Netz, so dass man diese recherchieren kann um ihren Stil zu sehen?
Aber bitte, das soll keine Aufforderung zum kopieren oder zum anpassen sein. Für mich als Juror gibt es nichts Langweiligeres als dass Alle das Gleiche machen. Finde den Wettbewerb, der zu Deinem Stil passt aber der Dir immer noch genug Raum bietet, Dich kreativ von den anderen abzusetzen. Wenn alle genau dass Gleiche tanzen werden sich die Ergebnisse nur noch in den Noten für Technik und Ausdruck unterscheiden. Für mich würde dann Einiges fehlen, wenn Tanz immer messbarer und vergleichbarer würde, dann könnte man auch Roboter tanzen lassen !
Ein weitere Punkt, der bei der Auswahl des Turnieres bedacht werden sollte ist die Tanzlängen, die erlaubt und gefordert sind. Wenn alle länger Tanzen als ich, könnte es für meinen Tanz schwieriger werden, ist er zu lang bekomme ich Abzüge oder werde disqualifiziert. Ich persönlich finde übrigens das Überschreiten der erlaubten Tanzlänge einen äußerst unsportlichen und unhöflichen Regelverstoß, der in meiner Wertung immer Konsequenzen hat.
Ich kenne Schulen, die haben unterschiedlich lange Versionen ihrer Wettkampftänze, um auf verschiedenen Turnieren pro Saison teilnehmen zu können.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Punkt bei der Wahl der Turniere ist natürlich, die Altersklasseneinteilung, dazu muss ich hier nichts schreiben, denke ich, sie ist in den Regelwerken meist eindeutig erklärt.
Manche Turniere teilen ihre Kategorien in viele Unterkategorien auf, neben Stil und Alter wird dann unterschieden in Solo, Duo, Gruppe und Formation, manchmal gibt es small groups und was bei anderen schon Formation ist, ist bei manchen large groups.
Innerhalb dieser Kategorien gibt es dann oft nochmals Kategorien, zum Beispiel Ballett mit Spitze und ohne Spitze, mal werden Jungen und Mädchen getrennt bewertet, mal gemeinsam.
Solche genauen Unterscheidungen haben natürlich Vorteile, die Tänze werden vergleichbarer, das macht es den Juroren einfacher. Aber wenn es zu viele Kategorien sind, wird es auch leicht etwas grotesk, besonders wenn dann nur ein Teilnehmer pro Kategorie startet und dann automatisch bei der Siegerehrung auf dem Treppchen steht. Ehrlich gesagt rollen sich mir dann auch immer etwas die Fussnägel auf, wenn ich dann später immer im Internet oder der Presse lese : „X gewann den ersten Preis beim Turnier XY“ Ein bisschen Konkurrenz sollte schon sein. Manchmal wünschte es, ein Platzierung gäbe es nur mit einer Mindestpunktzahl.
Manche Wettbewerbe (besonders offene Wettbewerbe und kleinere Festivals) unterscheiden nur nach Tanzstil und es treten alle Gruppenstärken, Solisten und Duos gegeneinander an. Das macht es natürlich für die Juroren schwieriger. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich schon Solisten gegen Formationen gewinnen sah und umgekehrt, bei guten und erfahrenden Juroren gewinnt immer der beste Beitrag.
In Teil 3 dieser Serie werde ich zunächst einige solcher offenen Turniere und Festivals wie den Bergischen Löwen, den Thüringer Löwen oder die Duisburger Tanztage vorstellen bevor Teil 4 und 5 dann andere Verbände, Organisationen und Events vorstellt.
Wie immer freue ich mich über Euer Feedback und Eure eigenen Erfahrungen. Schickt mir gerne Eure Fragen . Vielleicht ergibt sich daraus ein 6. Teil.